Donnerstag, 12. Mai 2011
Nr. 2 Rocker und romantische Gefühle
„Du bist cool und Du wirst, egal, was Du machst, immer cool sein. Verdammt cool sogar!“ höre ich ihn sagen und schaue ihn von der Seite an, atme tief durch und nehme einen Schluck aus meiner Bierflasche. Der Schmetterling, der sich gerade verflogen hat, den fange ich mit dem Schluck Bier wieder ein und besänftige ihn ein bisschen.

Wir sitzen am Hafen, blicken auf die Schiffe – während hinter uns die Sonne untergeht. Er nimmt meine Hand, schaut weiter auf das Wasser: „Lilly, verdammt, das hier grade ähnelt einem fiesen Kitsch-Film, der ist viel zu romantisch, für so nen knorken Typen wie mich, aber irgendwie fühlt es sich großartig an!“ Verlegen rücke ich meinen Pferdeschwanz zurecht. Irgendwie scheint uns die Coolness abhanden gekommen zu sein – früher hab ich in solchen Momenten immer gedacht „Dat ist 1A zu viel Gefühlsduselei, lass mich mit dem Gedöns in Ruhe, mit der Masche kriegst du mich nicht rum!“ und hätte ihn einfach stehen lassen.

Die Zeit rast an uns vorbei, mir ist völlig wurst, ob der beerenrote Lippenstift noch sitzt oder die Frisur liegt, ich weiß eins: Ich bin mitten in diesem Gefühlsdilemma und verdammt noch mal, das fühlt sich gut an. Jeder Fernsehzuschauer, der auch nur ein bisschen Rock`n´Roll im Herzen trägt, wäre beim Anblick des tätowierten Rockers und dem Rockabilly-Mädchen hängen geblieben, doch statt wie erwartet, einen coolen, abgeklärten Liebesfilm geliefert zu bekommen, hätte er spätestens nach zwei Sequenzen, aufgrund des hohen Kitsch-Potentials umgeschaltet.

Wir bleiben sitzen, schauen auf die Elbe, verbannen die Coolness aus dem Moment und lassen uns überraschen – mal sehen, ob der Drehbuchschreiber für unsere Folge ein Happy End vorgesehen hat.

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